Charisma: Eine Gabe Gottes
Spezifischer formuliert das Neue Testament die Bedeutung von Charisma als vom Heiligen Geist zugeteilte Fähigkeiten, die der Verbreitung des Glaubens und dem Aufbau der kirchlichen Gemeinschaft dienen. Zu diesen Gaben zählen beispielsweise Weisheit, das Empfangen von Offenbarungen, Vollzug von Heilungen oder auch die ekstatische „Zungenrede“. Damit diese Wunderkraft nicht ausschließlich auf ihre spektakuläre äußere Wirkung hin reduziert werden sollte, bezeichnete Paulus im Korintherbrief Charisma als jegliche natürliche Gabe des Menschen, die sich auch durch profane Handlungen als Dienst für die Sache Jesu Christi auszeichnen kann.
Charisma: Führungsstärke in den Augen einer Anhängerschaft
Die heutige Verwendung des Begriffs geht auf den Soziologen Max Weber zurück, der sich in seinem 1922 posthum veröffentlichten Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ mit der Legitimierung von Machtverhältnissen auseinandergesetzt hat. In diesem unterscheidet er drei Formen der Herrschaft: die legale, die traditionale und die charismatische. Letztere begründet ihre Legitimation lediglich auf dem Glauben einer verehrenden Anhängerschaft an die außergewöhnlichen Fähigkeiten eines Herrschenden.
Im Unterschied zu früheren Begriffserläuterungen versteht die heutige psychologische Führungsforschung Charisma nicht als eine dauerhafte Gabe, sondern bezieht es auf das Verhalten eines Vorgesetzten in bestimmten, etwa krisenhaften Situationen. Eine besondere Aura strahlt der Führende aus, wenn er die Motivation der Untergebenen über den Prozess der Identifikation mit ihm zu steigern weiß.
Charisma: Der eine hat es, der andere nicht
Obwohl bislang viel darüber nachgedacht wurde, was eine charismatische Persönlichkeit ausmacht, gibt es dennoch keine genaue Definition. Im Allgemeinen erscheinen Menschen, die Authentizität und innere Ruhe ausstrahlen, von einer gewissen Aura umgeben. Auch verfolgen diese klare, teils visionäre Ziele und fallen durch Willensstärke sowie konsequentes und souveränes Handeln auf. In der Kommunikation sind sie stets freundlich, zeigen aufmerksames Interesse an ihrem Gegenüber und sind in der Lage, bei diesem starke Emotionen hervorzurufen. Ihre faszinierende Ausstrahlung hängt nicht so sehr von Fragen äußerer ästhetischer Schönheit ab, sondern offenbart sich durch deren entspanntes und natürliches Auftreten. Insgesamt lässt sich eine charismatische Persönlichkeit als jemand definieren, der autark im Denken und in Harmonie mit sich selbst und seiner Umwelt ist.
Doch wieso verfügen einige Menschen über eine nahezu unwiderstehliche Anziehungskraft und andere wiederum nicht? Ist Charisma angeboren oder erlernbar? Generell ist diese Gabe nur den wenigsten Menschen in die Wiege gelegt. Aber es gibt durchaus Möglichkeiten, seine persönliche Ausstrahlung zu verbessern:
Auch Menschen mit Charisma sind nicht fehlerfrei!
Als wesentliche Voraussetzung sollte man sich zunächst über das eigene Ich im Klaren sein: Welche Stärken und welche Schwächen besitze ich? Auch Menschen mit Charisma sind nicht fehlerfrei. Doch sie akzeptieren sich entweder als eine ganzheitliche Persönlichkeit samt Makel. Oder sie bekämpfen diszipliniert ihre Schwächen, wenn es ihnen erstrebenswert erscheint. Um von anderen positiv wahrgenommen zu werden, ist es also wichtig, Ja zu sich selbst zu sagen.
Weitere Persönlichkeitsmerkmale mit anziehender Wirkung sind das Ausstrahlen von Zuversicht, Ruhe und Gelassenheit sowie der Glaube an die Veränderbarkeit der Welt im Kleinen wie im Großen. Wer das Leben kompromisslos liebt, gepaart mit einem kreativen Gestaltungswillen, erscheint anderen häufig als ein außeralltäglicher Mensch.
Da Charisma nur auf der Basis zwischenmenschlicher Kommunikation entstehen kann, erzeugt insbesondere derjenige eine positive Resonanz, der die Fähigkeit besitzt, auf andere mit Empathie einzugehen, und der sich klar zu positionieren versteht.
„I am What I am“ plus Mit-Fühlen sind das Fundament einer charismatischen Ausstrahlung. Diese Mischung macht zwar noch längst nicht aus jedem einen zweiten Mahatma Gandhi, aber sie birgt das Potenzial für „das gewisse Etwas“.
Add a comment